Selenz` Kommentar 29. September 2010 www.hans-joachim-selenz.de
Partei-Finanzen auf dem Prüfstand
(* siehe : Selenz` Kommentar 10. März 2010 „Kreative Parteienfinanzierung“)
Die SPD greift die CDU wegen deren Wahlkampf-Finanzierung massiv an. Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, äußert sich dazu bei „Madsack im Gespräch“:
„Die Vorgänge in Wolfsburg, wenn die Berichtserstattung darüber zutreffend ist, sind schon eine große Katastrophe für unser demokratisches Gemeinwesen. Dass da Leute sich eine öffentliche
Einrichtung quasi unterworfen haben, um sie zu einer Parteizentrale der CDU auszubauen, ist ein unerhörter Vorgang. Das muss natürlich genau aufgeklärt werden. Ich weiß nicht, was Christian Wulff gewusst hat und kann das auch nicht wissen….. Ich bin sicher, dieser Vorgang ist so gravierend, dass er lückenlos aufgeklärt werden muss. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits…..
Der Bundestagspräsident ermittelt ebenfalls. Denn es spricht einiges dafür, dass hier auch durch die Inanspruchnahme von öffentlichen Ressourcen eine verdeckte Finanzierung des Wahlkampfes
der CDU stattgefunden hat. Und dann wären erhebliche Strafzahlungen die konsequente Antwort“.
Dem Genossen Oppermann spielt hier das Gedächtnis einen bösen Streich. Bevor er sich aus dem Fenster lehnt, sollte er in den eigenen Laden schauen. In seiner Ausgabe 5 aus dem Jahre 1998 berichtete der STERN unter der Überschrift „Sozialdemokraten: Neues aus dem roten Intriganten-Stadl“ darüber, wie die SPD ihre Wahlkämpfe managte. Bodo Hombach wird darin ganz offen als
„Schröders Wahlkampfberater“ bezeichnet. Wikipedia schreibt dazu: „In den 1980er und 1990er Jahren leitete Hombach eine Reihe von Wahlkämpfen der NRW- und der Bundes-SPD, die schließlich 1998 zur Übernahme der Bundesregierung führten. Er galt als geschickter Wahlkampfstratege und Schöpfer des bekannten Slogans „Wir in Nordrhein-Westfalen“.“ Hombach war in den Jahren 1991 bis 1998 Geschäftsführer der Preussag Handel GmbH in Düsseldorf. Die WestLB und ihre Tochter Preussag AG fungierten damals als Personal- und Finanz-Spielwiesen der NRW-SPD.
In meinem Buch „Wildwest auf der Chefetage“ habe ich meine Beobachtungen während des Schröder-Wahlkampfes in Niedersachsen festgehalten: „Doris (Schröder-Köpf) hörte unserem
Gespräch aufmerksam zu. Zwischendurch unterhalten wir uns über Bodo Hombach. Seine Lobbyarbeit für die SPD hatte die Ausmaße eines Fulltime-Jobs angenommen. Das war von der NRW-
SPD, die ihn auf diesen Posten bugsiert hatte, sicherlich auch so geplant. Die SPD sparte auf diese Weise eine Menge Geld. Als MdL in Düsseldorf konnte er in seiner Funktion und mit seinen Verbindungen auch einiges für die Stahlgesellschaft bewegen. Seinen Geschäftsbereich managte er zudem professionell. Wenn wir allerdings aus der Preussag raus sind, wird sich trotzdem einiges ändern müssen. Wir sind dann schließlich keine SPD-Firma mehr“. Als Schröders „NRW-Parteifreunde“ in der Endphase des Wahlkampfs in Niedersachsen versuchten, die Preussag Stahl AG hinter seinem Rücken ins Ausland zu verkaufen, griff Bodo Hombach sogar öffentlich ein. Mit dem wenig feinen, aber zutreffenden Begriff „Riesenscheiße“ bezeichnete Gerhard Schröder im Januar 1998 den Versuch der NRW-Genossen, ihm auf der Zielgeraden die Beine wegzureißen. Der STERN 5/1998 schreibt dazu ganz arglos:„Bodo Hombach, Schröders Wahlkampfberater, kann es ebenfalls nicht fassen:„Die hätten mitten in der heißen Wahlkampfphase einen Clown aus Schröder gemacht, und die Arbeiter hätten ihm zu Recht die Stahlbarren in die Fenster der Staatskanzlei geschmissen". Zuvor hatte Hombach bereits erfolgreich einige Wahlkämpfe von Johannes Rau geleitet (s. o.).
Bereits am 19. Februar 1998, dem Tag an dem der Stahlbereich von der Preussag abgetrennt wurde, setzte ich Bodo Hombach den Stuhl vor die Tür. Es war die Endphase des Wahlkampfes an der Leine: „Von dort (Düsseldorf) ist sogar extra auch Bodo Hombach gekommen. Schließlich steht die Wahl vor der Tür“.…..„Für Bodo gibt es an diesem Abend noch eine Überraschung. Ich bitte ihn, sich nach der Herauslösung der Stahlgesellschaft aus der Preussag umgehend zu entscheiden, was er in Zukunft machen wolle. Eine weitere Bezahlung als Wahlkampfmanager von Gerhard Schröder
sei bei der neuen Salzgitter AG nicht mehr drin, obwohl er seinen Geschäftsbereich in der Düsseldorfer Zentrale der Handelstochter durchaus im Griff hat. Entweder Geschäftsführer im Handel
oder Politiker. „So habe ich das noch nie gesehen“, ist sein spontaner Kommentar.“ Die Republik ist in weiten Teilen längst eine Beute der etablierten Parteien. Heute sponsert die staatlich kontrollierte Salzgitter AG sogar ganz dreist und offen die Partei-Postille der niedersächsischen CDU (*).
Peine, den 29. September 2010 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz
Selenz` Kommentar 10. März 2010 www.hans-joachim-selenz.de
Kreative Parteienfinanzierung
Die Stellung der Politischen Parteien in Deutschland wird durch Artikel 21 des Grundgesetzes definiert. Danach wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Über die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel müssen sie öffentlich Rechenschaft ablegen. Ebenso über ihr Vermögen. Die Höhe der staatlichen Zahlungen an die Parteien richtet sich nach deren Zweitstimmenanteilen bei der Bundestagswahl, bzw. den Landtagswahlen. Für die ersten vier Millionen Stimmen kassieren die Parteien je 85 Cent. Für alle weiteren Stimmen beträgt die
Zuwendung 70 Cent. Im Durchschnitt finanzieren sich die Parteien in Deutschland zu etwa 15 Prozent [1] durch Parteispenden. Natürliche ebenso wie juristische Personen dürfen in unbegrenzter Höhe spenden. Die Parteien erhalten zudem für ihre Spendeneinnahmen noch einen staatlichen Zuschuss. Der bringt für jeden Euro, den die Parteien durch Spenden oder auch durch die Beiträge ihrer Mitglieder selbst kassieren, zusätzlich 38 Cent in die Parteikasse. Die Parteien müssen sich weiterhin laut Grundgesetz mindestens zur Hälfte selbst finanzieren. Die staatlichen Zu-Zahlungen an die Parteien dürfen also die Spendeneinnahmen und die Mitgliedsbeiträge nicht überschreiten.
Die etablierten Parteien haben sich in diesem Finanzrahmen inzwischen bestens eingerichtet. Die SPD nimmt über ihre Medienholding DDVG (Deutschen Druck- und Verlags-Gesellschaft), nicht nur Millionensummen ein. Gleichzeitig kann sie - ganz nebenbei - durch ihre SPD-Medien sogar noch die politische Willensbildung beeinflussen. Viele Leser wissen nämlich gar nicht, dass „ihre“ Zeitung ein SPD-Blatt ist. Ob den Müttern und Vätern des Grundgesetzes allerdings eine derartige
Mitwirkung einer Partei an der Willensbildung des Volkes vorschwebte, ist durchaus fraglich. Der SPD-Anteil an einer DDVG-Zeitung sollte zumindest auf der Titelseite offen angezeigt werden.
Dann könnte sich das lesende Volk sehr viel leichter seinen eigenen politischen Willen bilden.
Die CDU hat derart sprudelnde Geldquellen wie die DDVG nicht vorzuweisen. Dafür kassiert sie in aller Regel zusammen mit der CSU deutlich mehr an Spenden als die SPD. Und das sowohl von juristischen wie auch von natürlichen Personen. Manchmal sogar von Toten. Denn Geld benötigen politische Parteien praktisch immer. Drum sind die Kassen zu oft leer. Um sie wieder zu füllen, kommen daher sowohl Partei-Genossen als auch Partei-Freunde bisweilen auf die tollsten Ideen.
Der jüngst bekannt gewordene Coup der CDU, Ihre Spitzenleute in den Ländern nach dem Motto „Rent a Ministerpräsident“ zu vermieten, kam nicht gut an. Da geht man in Niedersachsen intelligenter vor. Vom Harz bis an das Meer kassiert man still und leise. Seit die neue First Lady Bettina Wulff in der Staatskanzlei regiert, ist das Spendenwesen bei der CDU neu organisiert. Sie ist seit Juni 2009 Pressereferentin der Rossmann GmbH. Ganz offiziell. In der März-Ausgabe der CDU-Postille für Niedersachsen füllt die Drogerie-Kette zwei komplette Reklameseiten. Das Motto von Firmenchef Dirk Rossmann lautet: „Unsere Besten“. Sein CDU-Sponsoring lässt sich Unternehmer Rossmann etwas kosten. Das ist seine Privat-Sache. Es ist sein Geld. Damit ist es OK.
Auch die Doppelseite von Vattenfall - Motto: „Strom für saubere Luft“ - ist nicht zu beanstanden.
Unter einem ganz anderen Motto wirbt die Salzgitter AG. Ebenfalls mit zwei Reklameseiten. Das Atomium in Brüssel glänzt dort mit einem filigranen Anbau. Der Slogan signalisiert technische Kompetenz: „Was auch immer sie vorhaben“. Politisch ist das Vorhaben indes durchaus problematisch. Im Gegensatz zu Rossmann und Vattenfall hält das Land Niedersachsen aktuell nämlich 26,48 Prozent der Aktien der Salzgitter AG. Niedersachsen hat damit eine Sperrminorität an dem
Dax-Unternehmen. Gerhard Schröder kaufte die Salzgitter AG am 9. Januar 1998 vom Chef der West LB, Friedel Neuber. Das Landesunternehmen finanziert mithin das Parteiblatt der Regierungspartei CDU. Im Aufsichtsrat sitzt aktuell Dr. Lothar Hagebölling, Chef der Staatskanzlei in Hannover. Hat Herr Hagebölling da ein wenig nachgeholfen? Waren Manager und Aufsichtsräte zu servil? „Was auch immer Sie vorhaben“ - das Motto der Salzgitter AG erscheint jedenfalls in ganz neuem Licht. Und die Parteienfinanzierung zwischen Harz und Meer wird immer kreativer.
Peine, den 10. März 2010 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz